Clever kombiniert: Hydrothermale Karbonisierung plus Biomassevergasung ermöglicht effiziente Gasnutzung mit Rest- und Abfallstoffen

Reduktion der Teerbeladung in der Biomassevergasung mit Biokohlen

München, 06. Februar 2017 - Die dezentrale Nutzung von Reststoffen zur Strom- und Wärmegewinnung steht seit Jahren im Fokus der Bioenergieforschung. Im Projekt FLUHKE (FKZ 03KB074) wurde eine Technologiekette von der hydrothermalen Karbonisierung über die Flugstromvergasung bis hin zur motorischen Nutzung entwickelt und erfolgreich im Pilotmaßstab erprobt.

Forscher an der TU München haben zusammen mit der Firma SunCoal Industries GmbH im Projekt FLUHKE nachgewiesen, dass die hohen Brennstoffanforderungen für die Flugstromvergasung mit hydrothermal karbonisierter Biomasse erreicht werden. Das Projekt wurde von 01.10.2012 bis 31.09.2016 über das Programm „Energetische Biomassenutzung“ des BMWi gefördert.

Während der hydrothermalen Karbonisierung (HTC) werden organische Materialien unter Druck und Temperatur in Biokohle umgewandelt, ein chemisch-physikalisches Verfahren, das man auch als „wässrige Inkohlung“ bezeichnet.

Die Brennstoffe im Test
Der entstehende, staubförmige Brennstoff ist gut fluidisierbar, was für die Beförderung innerhalb der Vergasungsanlage entscheidend ist. Sowohl der Ascheschmelzpunkt als auch der Heizwert konnten gegenüber unbehandelter Biomasse signifikant gesteigert werden und liegen nun im Bereich fossiler Braunkohle.

Tabelle 1: Vergasungseigenschaften von HTC-Kohlen im Vergleich zu fossiler Braunkohle und einer Rohbiomasse

 

Rheinische Braunkohle

HTC-Kohle (Grünschnitt)

HTC-Kohle (Buche)

Maisspindel

Heizwert [MJ/kg]

22

23

20

16

Kohlenstoffgehalt
[Ma.-%]

60

61

56

45

Asche-Erweichungs-temperatur [°C]

1.148

1.180

1.337

806

Mittlerer Partikeldurchmesser [µm]

57

56

87

221



Als Einsatzstoffe dienten holzartige Reststoffe, Siedlungsabfälle und Grünschnitt, die durch die HTC zu einem standardisierten Brennstoff umgewandelt werden konnten. Grundlegende Untersuchungen zur Flugstromvergasung im Labor- und Technikumsmaßstab (100 kW) lieferten vielversprechende Daten zu Reaktionskinetik und Partikelverhalten. Darauf basierende Simulationsmodelle können die Grundlage für die Entwicklung einer zukünftigen Demonstrationsanlage bilden. Die bisher größte Herausforderung der Biomassevergasung ist die Qualität des Brenngases, welches meist eine hohe Teerbeladung aufweist. Im Projekt konnte diese durch Einsatz eines staubförmigen Biobrennstoffes in der Flugstromvergasung so weit reduziert werden, dass eine zusätzliche Gasreinigung für die Anbindung eines Gasmotors nicht nötig ist. Der Grund sind die im Vergleich zu Festbett- und Wirbelschichtvergasung (bisheriger Stand der Technik) wesentlich höheren Prozesstemperaturen, die ein thermisches Cracken der Teere bewirken und nur in der Flugstromvergasung erreicht werden können.

Ausblick
Sowohl für eine HTC-Anlage als auch für ein Vergaserkraftwerk muss in Zukunft ein hoher Grad an Automatisierung erreicht werden, um in der freien Wirtschaft zu bestehen. Entscheidend ist auch eine gute Abwärmenutzung, um zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Die Kombination von hydrothermaler Karbonisierung und Flugstromvergasung ermöglicht durch die effiziente Gasnutzung im Motor-BHKW den erweiterten Einsatz biogener Rest- und Abfallstoffe insbesondere im kleinen Leistungsbereich. Sowohl die HTC als auch die Gaserzeugung sind im Technikumsmaßstab validiert. Die Firma SunCoal evaluiert derzeit – aufbauend auf den Projektergebnissen – verschiedene Einsatzszenarien für diese Technologiekombination. Die Herausforderung in Anbetracht der derzeit geringen Öl- und Gaspreise, ist es wirtschaftliche Anwendungsfälle zu identifizieren. Bedingungen hierfür sind zum Beispiel eine ganzjährig nutzbare Wärmesenke sowie hohe Kosten für die Strombeschaffung.


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