Hydrocon - Hohe Methanausbeute bei flexibler Gasproduktion

Entwicklung eines Hydrolysecontainers zur Steigerung der Substratausnutzung und der flexiblen Gasproduktion

Templin, 05. Oktober 2016 – In Deutschland existieren knapp 9.000 Biogasanlagen. Diese flexibel und wirtschaftlich in die Biogaszukunft zu führen, ist eine wesentliche Herausforderung für die Branche. Im Projekt Hydrocon (03KB082) haben die STEROS GmbH, die Universität Rostock und das IBZ Hohen Luckow mit dem Hydrolysecontainer eine Anlagenkomponente entwickelt, die in erster Linie die Steigerung der Substratausnutzung und die flexible Gasproduktion ermöglicht und so zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen beiträgt.

Biogas kann als bisher einziger erneuerbarer Energieträger gespeichert werden und seine Produktion ist relativ unabhängig von Umwelteinflüssen. Während Biogasanlagen in der Vergangenheit möglichst kontinuierlich bei hoher Auslastung betrieben wurden, können sie künftig als Systemdienstleister fungieren, um Schwankungen des Energiebedarfs auszugleichen. Ob dieses Ziel jedoch erreicht werden kann, hängt von technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Fragestellungen ab.

Die Flexibilisierung von Biogasanlagen kann zum einen durch die Beeinflussung der Stromproduktion realisiert werden, was allerdings zusätzliche Gas- und Wärmespeicher erfordert, oder durch die Beeinflussung der Gasproduktion. Letzteres war Ziel bei der Entwicklung des Hydrolysecontainers im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt 03KB082 „HydroCon – Flexible Anlagenkomponente zur Steigerung der Substratausnutzung in Biogasanlagen“. Hintergrund war, dass die Substratkosten in den vergangenen Jahren ständig gestiegen sind und im Mittel etwa 50 % der variablen Kosten einer Biogasanlage ausmachen.

Resümiert 
Nach zweieinhalb Jahren Forschungsarbeit steht auf dem Betriebsgelände der STEROS GmbH die erste Hydrolysecontainer-Pilotanlage. Sie umfasst Reaktoren, Rührwerke, ein Heizungssystem sowie Pumpen und Rohrleitungen. Mit der Integration des Hydrolysecontainers in ein bestehendes Anlagenkonzept gelingt die räumliche Trennung der Biogasprozessphasen. Dabei können entweder die gesamten Substratströme oder einzelne Teilströme, wie z. B. nur faserreiche Fraktionen behandelt werden. „Die Anlagenkomponente ist flexibel und modular erweiterbar und kann an jede beliebige Bestandsbiogasanlage nachgerüstet werden. Sie wird im Werk vorgefertigt und schlüsselfertig für eine schnelle Inbetriebnahme vor Ort angeliefert“, berichtet Steffen Rosenbaum, Projektleiter von der STEROS GmbH.

In Zahlen 
Der Mehrertrag ist substratabhängig und liegt zwischen 6–18 % mehr Methan. Übertragen auf eine 500 kW Biogasanlage, könnten so jährlich zwischen 864.000 MJel und 2.592.000 MJel mehr Strom erzeugt werden. Eine Bestandsbiogasanlage kann ihren Substratinput (zwischen 650 und 2.000 t Maissilage pro Jahr) und die Substratkosten entsprechend reduzieren. Neuanlagen zur Reststoffverwertung können von Beginn an kleiner und kostengünstiger dimensioniert werden.


Abb. 1 Pilotanlage der STEROS GmbH (Quelle: STEROS)

Projektergebnisse en détail – Die Phasentrennung
Während der Projektarbeit wurden verschiedene labortechnische und praxisnahe Gärversuche zur zweiphasigen Prozessführung im Batch- und kontinuierlichen Betrieb mit Blick auf die Substratausnutzung durchgeführt. Dabei wurde die Phasentrennung nicht nur für den Substratstrom, sondern auch für den Gasstrom vorgenommen. Gewünschte erhöhte Methangehalte und schwefelwasserstofffreies Gas in der Fermenterstufe sowie methanfreies Hydrolysegas wurden während der labortechnischen Untersuchungen detektiert. Über alle Versuche konnte in Abhängigkeit der Substratqualität ein Methanmehrertrag von 6–18 % erzielt werden. Ferner ließ sich die Gasproduktion durch die zeitlich gezielte Fütterung von Hydrolysat in den Fermenter innerhalb von wenigen Minuten um ca. 70 % steigern.

Hohe Wasserstoffkonzentrationen und der Nachweis wasserstoffbildender Bakterien in der Hydrolysestufe lassen auf zusätzliche Energieerträge schließen. Daher wird empfohlen, auf die getrennte Gasstromerfassung zu verzichten. Wasserstoff aus der Hydrolysestufe kann im Fermenter durch spezielle Mikroorganismen zu Methan umgewandelt werden. Das Mischgas ist somit zwar schwefelwasserstoffhaltig, beinhaltet aber das gesamte Methanpotential. Die Reinigung von Biogasen mit erhöhten Schwefelwasserstoffgehalten konnten durch die Verwendung einer biologisch-mineralischen Knochenkohle nachgewiesen werden. Weitere Nachteile der getrennten Gasstromerfassung, wie potentielle Gefahren durch Explosion und Atemgifte aufgrund der Zusammensetzung des Hydrolysegases, können durch das Mischen der Einzelgase ebenfalls vermieden werden.


Abb. 2: Verfahrensschema zur Durchführung der praxisnahen Versuche mit getrennter Gasstromerfassung (Quelle: IBZ Hohen Luckow e.V.)


Publikationen

Die Projektergebnisse sind im Endbericht - PDF 34 MB und  in folgenden Publikationen zusammengefasst:

Hudde, J., Orth, M., Burgstaler, J., Schlegel, S., Rosenbaum, S. (2013): Hydrolysecontainer – flexible Anlagenkomponente zur Steigerung der Substratausnutzung in Biogasanlagen. In Beiträge des IBZ Hohen Luckow e.V. 23 (2013) 1. Tagungsband des 4. Hohen Luckower Bioenergie-Seminars: “Aufschlussverfahren zur Steigerung der Substrateffizienz“. ISSN0947-4374. Hohen Luckow

Hudde, J., Knape, M. (2013): Neues aus der Wissenschaft – Aktuelle Projekte zur bedarfsgerechten Biogasproduktion. In Tagungsband des 4. Hohen Luckower Bioenergie- Seminars: „Biogas – wie geht es weiter“. ISSN0947-4374. Hohen Luckow

Rosenbaum, S. (2014): 03KB082 HydroCon – Flexible Anlagenkomponente zur Steigerung der Substratausnutzung in Biogasanlagen (Verbundvorhaben). In Biogas – Effiziente und bedarfsorientierte Biogasproduktion – Steckbriefe. Programmbegleitung des Förderprogramms „Energetische Biomassenutzung“. DBFZ 04/2014

Hudde, J., Orth, M., Wiedow, D., Burgstaler, J., Rosenbaum, S. (2014): Hydrolysecontainer – Flexible Anlagenkomponente zur Steigerung der Substratausnutzung in Biogasanlagen. In Schriftenreihe Umweltingenieurwesen der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock. Band 45. Tagungsband zum 8. Rostocker Bioenergie-Forum. S. 383 ff. Rostock 2014

Die Projektpartner
Die STEROS GmbH ist ein mittelständiges Unternehmen mit Sitz in Templin im nördlichen Brandenburg. Das Unternehmen ist in den Bereichen Anlagenbau, Stahl- und Metallbau, Photovoltaikanlagen und Maschinenbau tätig. Das Team der STEROS GmbH ist in der Lage für ihre Kunden im Metallbau sowohl Planung, Fertigung und Montage als auch die Inbetriebnahme von Anlagen zu übernehmen.

Das IBZ Hohen Luckow e.V. wurde 1992 mit dem Ziel der Förderung von Wissenschaft, Innovation und Information in den Bereichen Energie und Umwelt gegründet. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt in der angewandten Forschung, insbesondere in der Produktentwicklung zur biologischen Prozessoptimierung von Biogasanlagen. Dazu hat das IBZ sein Kompetenznetzwerk sowie die Laborkapazitäten in den vergangenen Jahren, u.a. mit einem Batch-Versuchsstand, einer Technikumsanlage sowie diverser Analysetechnik stark ausgebaut.

Die Professur Agrartechnologie und Verfahrenstechnik der Universität Rostock beschäftigt sich vorwiegend mit der Verfahrensgestaltung zur Bereitstellung und Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien. Schwerpunkt der Arbeit ist die Biogasprozessforschung. Dazu stehen der Professur moderne Labore mit diversen Versuchsapparaturen sowie Mess- und Analysetechnik zur Verfügung.

Weitere Informationen
Das Projekt „Hydrocon“ wurde im Rahmen des Programms „Energetische Biomassenutzung“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

Kontakt
Projektkoordination
STEROS GmbH
Otto-Lilienthal-Straße 3, 17268 Templin

Steffen Rosenbaum – Projektleiter
Telefon: +49 (0)3987 2097930
E-Mail: rosenbaum(at)steros-gmbh.de

Weitere Ansprechpartner
Jessica Hudde – IBZ Hohen Luckow
Telefon: +49 (0)3829574124
E-Mail: jessica.hudde(at)ibz-hl.de

Denny Wiedow – Universität Rostock
Telefon: +49 (0)381498 3346
E-Mail: denny.wiedow(at)uni-rostock.de

Programmbegleitung des Förderprogramms „Energetische Biomassenutzung“
Diana Pfeiffer – Projektkoordination
Telefon: +49 (0)341 2434-554
E-Mail: diana.pfeiffer(at)dbfz.de

Angela Gröber – Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +49 (0)341 2434-457
E-Mail: angela.groeber(at)dbfz.de

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